Dienstag, 12. Dezember 2017

Und auf einmal ist alles anders............




Sie wurde dazu erzogen, sich zu kümmern. Um die Geschwister, die Eltern, die Familie......
Sie fühlt sich immer anders, als die anderen. Sie mag kein Schwarz-Weiß-Denken, versucht immer tolerant zu sein. Sie bemüht sich immer dazu zugehören. Genügt aber nie. Glaubt, die Aufgabe zu haben, die große Familie zusammenzuhalten. Lädt immer alle ein, zu allen möglichen Gelegenheiten. Versucht passende Geschenke zu finden, macht sich Gedanken. Kümmert sich um die alten Eltern.

Ihr Problem: Ihre Antennen sind zu fein eingestellt. Sie bekommt zu viel mit, was sie nicht mitbekommen sollte. Versucht zu ignorieren, dass man sich über sie lustig macht, weil sie nicht das richtige Outfit anhat. Überhört, dass sie anscheinend langweilig ist. Fordert nicht die Toleranz ein, die sie anderen entgegenbringt. Man kann sie offen beleidigen und muss sich nicht mal Gedanken darüber machen, dass sie das krumm nimmt. Sie sucht für diejenigen, die sie schlecht behandeln, selbst Entschuldigungen: "Hat vermutlich gerade Stress. Ist eben krank. Ist ja klar, dass er so ist, bei dem Umfeld. Sie ist eben unsicher, deswegen macht sie mich nieder. Ist in den Wechseljahren." Sie findet immer Entschuldigungen. Und macht sich noch über sich selbst lustig. Damit keiner ein schlechtes Gewissen hat, dass er hier vielleicht zu weit gegangen ist. Und macht immer weiter.

Sie ist nicht langweilig, hat so viele Interessen, es interessiert aber keinen. Sie soll in ihrer Rolle bleiben, denn alle anderen haben keine Zeit, kein Interesse, interessieren sich nur für sich selbst. Aber wehe, wenn sie nicht konform denkt. Dann wird erpresst, man meidet sie, bricht den Kontakt ab. Sie wird schon wieder funktionieren, wenn genügend Druck ausgeübt wird.

Sie ignoriert alles, jahrzehntelang. Sie hat irgendwo gelesen, dass man immer das zurückbekommt, was man bereit ist zu geben. Und hat es geglaubt.

Und dann kann sie einfach nicht mehr alles übersehen, überhören, akzeptieren. Sie verändert sich innerlich. Das tut weh, verdammt weh. Aber sie merkt, dass sie nur so überleben kann.

Wie heißt es so schön "Jedem Ende wohnt ein Anfang inne". Diesen Anfang kann sie im Moment noch nicht spüren, nur eine große Leere.
Aber sie ist sich sicher, dass dieser Anfang sich nur noch versteckt. Und dass sie die Kraft haben wird, vieles hinter sich zu lassen. Dass sie wieder ihr eigenes Leben leben wird, mit den Menschen, denen sie so genügt, wie sie ist.Und notfalls eben ohne diejenigen, die sie, als Menschen und ihre Meinung nicht akzeptieren können.
Sie weiß jetzt: Sie ist gut so, wie sie ist.